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Meine Geschichte :


Ich fang einfach mal ganz vorn an.

Ich wurde einen Tag nach Nikolaus im Dezember 1972 in Berlin (Ost) geboren. Mein Vater war Polizist, meine Mama Verpackerin.
1975 ließen sie sich scheiden, da mein Vater zuviel trank. Das Sorgerecht bekam er, da er Parteimitglied war.
Wir zogen nach Thüringen und fortan lebte ich bei meiner Oma und meinem Vater.

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In den Sommerferien durfte ich immer für 4 Wochen nach Berlin zu meiner Mama.
1976 heiratete meine Mama erneut und bekam noch einen kleinen Sohn , namens Daniel.
Daniel starb 1980. Er fiel aus dem Fenster, mitten in der Nacht. Ich wollte in dieser Nacht unbedingt in seinem Bett schlafen, ich hatte doch noch nie in einem Doppelstockbett geschlafen.


Mein großer Bruder wollte ihn noch halten, aber er schaffte es nicht. Der Weg zur Toillette führte direkt zum Fenster raus...
1980 erkrankte meine Mama schwer an Unterleibskrebs und konnte keine Kinder mehr bekommen, damals war sie 26 Jahre.
Sie wurde geheilt.


Ich hatte es nicht besonders gut in Thüringen. Mein Vater war viel in der Kneipe, ich wurde gehänselt, da ich nicht von dort kam und auch sonst hatte ich kaum Freunde.
Im Januar 1986, wurde ich vom Nachbarssohn schwanger.


Meine Regel kam nicht mehr. Im Mai wurde mir dann einmal schlecht, aber ich bezog das auf die Hitze. Es war ja der Jahrhundertsommer 1986.
Ich wurde zwar etwas dicker, aber bezog dieses auf die Pubertät.
Oma hatte schließlich gesagt "Das kann schon mal vorkommen, das die Regel mehrere Monate ausbleibt, beim ersten mal ".


Im August kam dann ein anonymer Brief an meine Oma " Kathrin soll schwanger sein, fragt sie doch selbst".
Mein Vater ging mit mir zum Frauenarzt ,da er das Gegenteil beweisen wollte.
Er durfte sich dann das Bild auf dem Ultraschall ansehen, da war ich schon im 7.Monat.


Von da an beschäftigte ich mich nur mit dem Kind in meinem Bauch, sang Lieder, redete mit ihm - ich liebte ihn und ich wollte ihn haben. Es wäre meins gewesen, dem ich all meine Liebe hätte geben können, aber es kam anders.


Nun ging alles sehr schnell. In der Schule wurde ich von 2 Männern in grauen Anzügen (Stasis) verhört. Dieses hatte nur den einzigen Zweck, um heraus zu finden, wer der Vater des Kindes sei. Ich redete nicht.
Dann saß ich 2 Tage und Nächte auf dem Polizeirevier bis ich nicht mehr konnte.
Ich gab meinen damaligen Freund preis.
Er bekam 2 1/2 Jahre auf Bewährung. Sein Vater verlor die Stelle bei der Polizei.


Meine Mama wurde kurz informiert und war sofort bereit mich und das Kind zu nehmen.

Man zeigte mir kurz darauf eine Sterbeanzeige aus der Zeitung & erzählte mir, meine Mama wäre verstorben. Ich glaubte es.

Vermutlich wurde mein Vater, um das Kind erpresst, er sagte mir einmal, das man ihm drohte, ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen, wenn er nicht das täte, was sie wollten.

Ich kann ihn nicht mehr fragen. Er starb im Mai 1993.
Das Jugendamt regelte dann alles mit meinem Vater. Ich kam 4 Wochen eher ins Krankenhaus, damit man auch ja den Entbindungstermin nicht verpasste.


Am 30.10.1986 um 21.30 Uhr bekam ich Wehen. Ich lief zum Kreissaal. Da standen sie wieder und fragten ,wo ich hin wolle. Ich schrie sie an "Ich bekomm jetzt Euer Kind".
Im Kreissaal wurde ich dann vollgepumpt mit Mittelchen ( Überdosis Faustan lt. Krankenakte etc). Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich durfte mich nicht bewegen.
Man setzte meinem Jungen eine Diode in den Kopf. Dann schnallte man mich an das Bett oder soll ich lieber an die Pritsche sagen an.
Am 31.10.1986 um 1.35 Uhr wurde dann mein Sohn geboren. Ich sah ihn nicht, ich durfte ihn nicht hören, er kam sofort weg.


Mich ließ man liegen, die Nachgeburt zwischen den Beinen, das Blut lief herunter.
Man sagte mir, der Arzt schliefe und wollte nicht gestört werden. Um 7.30 Uhr kam er dann endlich und nähte meine 3 Risse zu.
Die nächsten 5 Tage schlich ich mich dann immer am Babyzimmer rum, aber keiner zeigte ihn mir.
Ich wollte ihn haben, ich hatte doch Pläne. Ich wollte mit ihm abhauen.
Ich hab nie irgendwas unterschrieben und auch sonst bekam ich keine Papiere. Nur den Namen sagte man mir : Steffen.


Meine Mama rief 14 Tage nach der Geburt an und fragte was denn nun sei und mein Vater erklärte ihr wohl, das dieses Kind zur Adoption freigegeben sei.
Für meine Mama brach eine Welt zusammen. So erfuhr ich dann auch, das Mama noch lebte.

Da aber das Jugendamt sie für Tod erklärt hatte, reichte die Unterschrift meines Vaters zur Adoptionsfreigabe (so vermute ich heute).

Das Leben ging einfach weiter, es war völlig egal, wie es mir ging oder wie ich mich fühlte, es wurde einfach so getan, als wäre nichts passiert...

An meinem Geburtstag, dem 07.12. nahm ich dann das 1.mal Faustan & Blutdruck Tabletten von Oma, ich wollte einfach nicht mehr leben. Mein Vater dachte ich sei betrunken und trat mich in den Po, sodass ich die Treppe runterfiel.
Später trank ich viel Alkohol. Tabletten, Rasierklingen alles das stand auf meiner Tagesordnung.


1989/1990 lernte ich dann ein Mädchen in der Lehre als Bekleidungsfacharbeiter kennen und ich erfuhr wo mein Sohn ist. Fortan war ich fast täglich in diesem Ort, aber meinen Sohn fand ich nicht. Ich schloss mich einer Clique im Ort an.

1990 brach ich die Lehre ab und ging nach Oberfranken, um dort Hotelfachfrau zu werden.


1993 starb mein Vater.


1994 wurde ich dann erneut schwanger und bekam im September ein süßes Mädchen, meine Saskia. Ich liebe sie über alles, sie hat mir damals das Leben gerettet. Ich fuhr zur Entbindung 350 km entfernt, nach Berlin zu meiner Mama, nur damit mir keiner dieses Kind stehlen konnte.

Ich kehrte noch einmal zurück ,zog aber 1996 dann doch nach Berlin.

Im Januar 1995 mit knapp 22 Jahren, dann bekam ich die 1. Krebsdiagnose im Gebärmutterhals. Ich wurde operiert und geheilt.


1998 lernte ich den Mann meines Lebens kennen, den ich auch 2003 heiratete. Er brachte noch 2 Kinder mit in die Ehe. 2002 bekamen wir noch ein Söhnchen namens Fabian, unser kleiner Sonnenschein.

Kurz darauf erhielt ich die nächste Diagnose: die Schilddrüse musste raus, das Gewebe war schon verändert. Auch hier wurde erfolgreich operiert.

2009 dann ein erneuter Schicksalsschlag. Unser Julian wurde im Oktober geboren mit einem offenen Bauch.

Die ganze Schwangerschaft war ein Déjàvu von 1986. Der Entbindungstermin war dann der Hammer 31.10.1986, so wie bei Steffen, nein das wollte ich nicht wirklich, deshalb leitete ich am 08.10.2009 die Schwangerschaft selbst ein und rettete unserem Julian damit wahrscheinlich das Leben. Bis 2012 hatte er mehr als 16 Operationen, aber heute 2019 ist er ein ganz normaler Junge und geht in eine normale 3. Klasse trotz SB von 100 %.
Ich liebe meine Familie, aber Steffen lebt in mir.


Meine Suche:


1997 begann ich die Suche. Ich forderte Stasiakten an - nichts.

2003 forderte ich einen Geburtsnachweis an & bekam ich.

2003 forderte Krankenhausunterlagen an und bekam nichts...
Das Jugendamt verweigerte jeglichen Kontakt.
Einträge aus dem Gästebuch der Stadt in der er lebt, wurden gelöscht.
Im Sommer 2006 waren wir im Urlaub in Thüringen und ich traf jenes Mädchen von 1990 wieder. Sie sagte mir den vollständigen Namen ,sie erklärte mir ,wie er aussieht.

Ich habe im Oktober 2004 mit Hilfe einer Adoptivmama an die Mutter geschrieben, ich möchte doch nur ein Bild- irgendwas von ihm. 

2016 kurz vor seinem 30.Geburtstag bekam ich endlich die vollständigen Geburtsunterlagen. Endlich wußte ich wie groß und wie schwer mein Sohn bei der Geburt war....

2006 lernte ich die Reporterin Claudia Berge kennen, die mich über 2 Jahre begleitete und wir fanden ihn 2008. Wir hatten bis 2013 Kontakt.
Ihm geht es gut und das ist die Hauptsache...

 

 

 

 

 

 

 

                   

                                                                                                                                                                     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Kathrin Albrecht-Gericke

    Januar 2019

Claudia Berge und ich Juli 2018
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Claudia Berge und ich

im Juli 2018

Auf der Suche nach

meinem Sohn 2007

unterwegs 2007 mit Claudia Berge, um meinen Sohn zu finden hier in Thüringen

Auch an dieser Stelle noch mal ein Herzliches Dankeschön an Claudia Berge & Rainer Elsner, denen es in mühevoller Kleinstarbeit gelungen ist meinen Sohn zu finden

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